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Rückblick auf die vfdb Jahrestagung 2023

Die Jahresfachtagung des vfdb fand 2023 in Münster statt und bot an drei Tagen einen breiten Blick auf aktuelle Entwicklungen. So vielfältig wie die täglichen Herausforderungen bei den Feuerwehren mit Ihrem breiten Einsatzspektrum von Brandbekämpfung über Technische Hilfeleitung, Katastrophenschutz bis hin zu Aufgaben des Rettungsdienstes war auch die Jahresfachtagung angelegt. In überwiegend 2 parallelen Sitzungen wurden aktuelle Erkenntnisse aus der Wissenschaft, Erfahrungen aus dem Einsatzalltag und aufkommende Herausforderungen geteilt und diskutiert.  Im Folgenden soll die Tagung kurz zusammengefasst werden wobei einige besonders einprägsame/anschauliche Beiträge etwas mehr Aufmerksamkeit genießen werden.
Die Eröffnung mit Reden des vfdb Präsidiums, Grußworten des Münsteraner Bürgermeisters und des NRW-Innenministers sowie den Ehrungen besonderer Leistungen wurde begleitet durch das Musikcorps der FFW Münster. In der folgenden Podiumsdiskussion ging es darum, wie der Katastrophenschutz für die Zukunft aufgestellt sein sollte und wie man mit der zunehmenden Vollkaskomentalität umgehen kann.
Neben allen organisatorischen Veränderungen und Anpassungen ist die Mitarbeit und Eigenverantwortlichkeit der Bevölkerung hier entscheidend für das Meistern einer Krisenlage. Das BBK stellt hier umfangreiche Materialien bereit, die jedoch wenig bekannt sind und oft erst im Notfall für die Bürger interessant werden, es kann jedoch in diesem Fall nicht von einem gesicherten Zugriff (Ausfall elektronische Kommunikation/Überlastung der Netze) ausgegangen werden.
Im weiteren Verlauf wurde die Veranstaltung thematisch noch vielfältiger und es fanden fast durchgängig zwei parallele Fachsitzungen statt.
Dass insbesondere kleine Gasmoleküle sehr beweglich sind und auch durch feste Materialien hindurchtreten können ist weitgehend bekannt. Wie schnell und umfassend dies zum Beispiel bei Kohlenmonoxid (CO) der Fall ist überrascht doch. In Laborversuchen, Großversuchen und bei Messungen am Einsatzort wurde gezeigt, dass CO z.T. in unter einer Minute durch-bricht und selbst Betonwände nach 5 bis 15 Minuten von ersten Molekülen durchdrungen wurden (1 ppm CO gemessen), wobei der Aufbau toxischer Konzentrationen längere jeweils ca. 3 bis 10 ml längere Zeiten brauchte. Anzumerken ist hier, dass ausgerechnet Holz eine gute Barriere gegen CO darstellt. Die Ergebnisse bestätigen die Notwendigkeit von CO-Warngeräten für Einsatzkräfte und die Notwendigkeit der messtechnischen Kontrolle umlie-gender, nicht betroffener Nutzungseinheiten nach (Schwel-)Bränden und CO-Freisetzungen.
Dass Rauchgase und damit auch Flammen nicht immer den erwarteten Weg nach oben nehmen und unter bestimmten Bedingungen, insbesondere bei Wind, auch aus einem Feuer im oberen Geschoss eine Gefährdung oder ein Brand am Nebeneingang werden kann.
Der erste Tag klang mit einem geselligen Abend mit guten Gesprächen bei bestem Wetter aus.
Der zweite Tagungstagbegann mit einem Blick auf drei besondere Schadenslagen und die daraus gezogenen Konsequenzen. Es war der verheerende Gebäudebrand in Essen, bei dem eine schnelle Brandausbreitung über die Balkonfront entgegen der Windrichtung erfolgte und letztendlich fast das gesamte Gebäude erfasste. Hier war es die Kunststoffverkleidung der Balkone mitsamt der WPC-Bohlen die Fenster bersten ließen und dem Brand den Weg in die Wohnungen ebnete. Anders war die Lage im Londoner Greenfell Tower, hier wurde aus ei-nem einfachen Küchenbrand durch den Außenwandlüfter ein Fassadenbrand mit unzähligen Opfern. In der Rückschau wurden der Ablauf und die Vielzahl von Versäumnissen und Mängeln nachgezeichnet, die in Verkettung zur Tragödie führten. Die Reaktion ließ lange auf sich warten, doch nach gut 7 Jahren greifen deutlich verschärfte gesetzliche Regeln für (große) Wohngebäude in London. Auch der Brand auf dem Sprengplatz im Grunewald wurde be-leuchtet. Kurzgefasst ein langer Einsatz mit langen, frustrierenden Wartezeiten, sich verändernden Lagen, wechselnden weil nicht protokollierten Führungsabstimmungen zwischen Polizei/KMBD und Feuerwehr sowie erheblichen Mengen eingesetzter und verschlissener Technik.
Aber genau solch schwierige und gefährliche Lagen waren im weiteren auch Inhalt von Bei-trägen zu aktueller Robotertechnik im Gefahreneinsatz. Diese unterstützt in kritischen Lagen und reduziert die Belastungen der Einsatzkräfte. Genau derartige Technik wird von vielen Feuerwehrkräften als wichtiger Teil zukünftiger Einsatzmittel gesehen. Drohnen, Roboter und Schnittstellen zu Gebäuden sind ein Zukunftsfeld mit aktuell hohem Forschungs-, Entwick-lungs- und vor allem Schulungsbedarf, das zeigen aktuelle Umfragen. Auch die Umstellung der Fahrzeuge auf neue Antriebsformen war ein Thema, die Elektromobilität wird, zumindest vorübergehend, Einzug halten und bringt Veränderungen in vielen Bereich mit sich. Akzep-tanz, technische Anforderungen und (Eigen-)Sicherheit werden in den nächsten Jahren wich-tige Themen bleiben. Welche Bedeutung die Batteriespeicher hierbei haben werden lässt sich bisher erahnen, ein Grund mehr, dieses Thema zu betrachten. Zunächst sei hier gesagt, der Brand eines Fahrzeugakkus ist die Ausnahme, oft sind es „ganz normale Fahrzeugbrände“ ohne Beteiligung des Akkus. In Fällen bei denen der Akku beteiligt ist, werden die Löschmaßnahmen allerdings aufwändiger und langwieriger. Große Unsicherheit schafft regelmäßig die Frage, ist dem Akku etwas passiert und wie viel Vorsorge ist nun nötig. Hier sind die Hersteller und der Gesetzgeber gefordert eindeutige Indikatoren und Warn-/Informationssysteme zu etablieren, damit könnten die Einsatzkräfte effektiv entlastet werden.
Aus Realbrandversuchen konnte abgeleitet werden, dass eine Wassermenge von ca. 60 L/min effektiv wirkt. Zunächst aus sicherer Entfernung (5m bei Vollstrahl) und im Verlauf bei vorsichtiger Annährung (bis 1m Abstand bei Sprühstrahl) können Fahrzeugbrände gut bekämpft werden können. Ist der Akku tatsächlich betroffen, tritt der nachhaltige Löscheffekt jedoch erst ein, wenn das Wasser durch Löcher in das Batteriepack eindringen kann. Brand-begrenzungsdecken können die Umgebung schützen, es werden aber über lange Zeit gefähr-liche Gase freigesetzt. Das IBK stellt hierzu ausführliche Unterlagen bereit. In einen umfassenden Vortrag wies Dr. Erbe auf Erfahrungen der Berliner Feuerwehr mit Lithiumakkus hin. Ja, es gab vereinzelt Autobrände mit Akkubeteiligung, aus diesen Fällen wurden wertvolle Erkenntnisse gezogen und Strategien angepasst. Häufiger als in KFZ hat die FW jedoch Kon-takt zu sonstigen Akkus deren Betriebsgrenzen überschritten wurden. Zu nennen sind hier E-Bikes, Mobiltelefone/Laptops, Werkzeugakkus, etc., diese können in Wohnungen erhebliche Schäden verursachen, sollten nur unter Aufsicht geladen und wenn möglich separat sowie geschützt gelagert werden. Oftmals fehlt den Nutzern die Wahrnehmung für mögliche Gefah-ren. Ein E-Bike das zum Aufladen im Eingang eines Hotels oder im Flur eines Altenheimes steht kann Fluchtwege unbrauchbar machen und gefährdet Menschenleben! Bei größeren Lagermengen (z.B. Mieträdern) wurden gute Erfahrungen mit der Lagerung in separaten Ma-terialcontainern gemacht, die Zahl der betroffenen Einheiten ist begrenzt und ein Übergriff auf das Gebäude oder benachbarte Container kann gut unterbunden werden. Das reine Kühlen vieler Akkus im Störfall dauert sehr lange, ein Auseinanderziehen im Verlauf der Löscharbeiten facht die Reaktion zwar meist an, ist jedoch ein beherrschbarer Weg um die verbleiben-den Zellen in Wannen zu Kühlen und den Einsatz in endlichen Zeiten abzuschließen. Die be-vorstehenden Veränderungen durch die Energie und Mobilitätswende sind neben den allgegenwärtigen Herausforderungen wie der Alterung der Gesellschaft eine Herausforderung für den Bereich von Brand und Katastrophenschutz für die nächsten Jahre.
An Tag drei ging es zunächst um die Brandstatistik, hier werden schon auf allen Ebenen keine einheitlichen Angaben erhoben, eine vollständige Statistik und die Möglichkeit daraus umfas-send Trends, Effekte, Wirkungen abzuleiten ist aktuell nicht gegeben. Aus den vorhandenen Daten lassen sich dennoch Aussagen ableiten. Es brennt häufiger am Montag, Donnerstag und Samstag sowie in den Nachmittags- und Abendstunden. Zur Auswirkung der Rauchmelderpflicht auf die Zahl der Brände und der Verletzten liegen noch keine Angaben vor.
Ein weiterer Themenblock des Tages war der Umgang und die Erkennung von ABC bzw. CBRNe Gefahren und deren Bewertung. Neben neuer Analysentechnik, so kann inzwischen auch bei Sonnenschein in vielen Fällen eine Stoffidentifikation durch mobile Geräte aus bis zu 3 m Entfernung durch die Verpackung hindurch erfolgen, ist natürlich auch die richtige Messstrategie, ggf. mit Hilfe der Analytischen Task-Force und vor allem die Deutung/Bewertung der Messergebnisse elementar. Hierbei kommt dann die Frage auf, nach welchen Richtlinien (ETW, AEGL) die noch zulässigen Stoffkonzentrationen in der Atemluft einzustufen sind.
Der letzte Vortragsblock behandelte dann Trends im Bereich der Feuerwehren, hier war die Erprobung eines kombinierten HLF-Hubrettungsfahrzeug (HuLF), die Planung eines deutsch-niederländischen Feuerwehrhauses und die umfangreiche Arbeit des Stabes Versorgung (S4) ein Thema. Die BF Augsburg hat in einem umfangreichen Prozess die Anforderungen an ein HuLF erarbeitet und ein ähnliches Demo-Fahrzeug im Alltag erprobt. Das Konzept ist sicher nicht für jede Wehr geeignet, muss noch weiterentwickelt werden und hat durchaus Stärken wie der relativ verringerte Personalbedarf. Im Fall der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit gibt es insbesondere an der Grenze zu den Niederlanden gute Beispiele, hier treffen trotzdem zwei Systeme und verschiede Arbeitsweisen aufeinander. Im Rahmen der Neuan-lage von Gerätehäusern wird durchaus der Schulterschluss gesucht um Ressourcen und Kosten einzusparen. Bei den Planungen im Konkreten Fall wurde deutlich, dass die Bedarfe sich unterscheiden aber auch unter einem Dach vereinbar sind. Die Niederländischen Planer sind mit einem modularen Typbau sehr effizient, jedoch wird sich dieser auch aufgrund von Brandschutzvorschriften in Deutschland nicht 1:1 umsetzen lassen. Abgeschlossen wurde mit einem sehr anschaulichen und eindringlichen Vortrag zur Arbeit des Versorgungsstabes. Die Einsätze werden komplexer und insbesondere bei großen Lagen (Ahrtal, Waldbrände, Hoch-wasser, …) gehen die Aufgaben weit über die reine Versorgung der Einsatzkräfte hinaus. Hier ist für Einsätze im eigenen Gebiet gute Vorbereitung möglich und essentiell, bei Hilfseinsätzen in der Ferne ist dies unabdingbar, es potenzieren sich die Herausforderungen aber schnell. Die dargestellten Erfahrungen aus dem Ahrtal und von anderen großen Einsätzen unterlegten, auch mit vielen persönlichen Anmerkungen die Komplexität der Aufgaben und die Detailfragen, kleinen Herausforderungen die trotz guter Planung operativ zu lösen sind.
Neben den Vorträgen gab es in der Ausstellung/Messe, bei der Posterschau und in den Pau-sen sowie Begleitveranstaltungen viele Gelegenheiten zu Austausch, Diskussion und Informa-tion.
Mit einem kurzen Resümee des vfdb-Präsidenten ging diese dreitägige Fachtagung zu Ende. Die 70. Jahresfachtagung 2024 wird vom 6.5. bis 8.5. in Magdeburg stattfinden.

 

Weitere Informationen

Veröffentlichung

Fr, 07. Juli 2023

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